Unsere Arbeit

Die Internationale Unabhängige Kommission zur Aufklärung der Wahrheit über den Tod des Oury Jalloh ist eine zivilgesellschaftliche Initiative, deren Aufgabe es ist, die Umstände des Todes von Oury Jalloh zu ermitteln und zu analysieren. 

Die Kommission führt ihre Arbeit in vier Sprachen und über verschiedene Disziplinen hinweg durch. In Anbetracht dessen und in Anbetracht der Tatsache, dass die Rechtsverfahren noch nicht abgeschlossen sind, ist die Arbeit der Kommission relativ langsam. Dies gibt der Kommission auch die Möglichkeit, mit einiger Distanz über den Fall, seine rechtliche und politische Behandlung und seine sozialen Auswirkungen nachzudenken.

Die Arbeit der Kommission ist im Gange und wird in diesem Bereich der Website zu gegebener Zeit aktualisiert. Wir haben damit begonnen, die rechtlichen und wissenschaftlichen Aspekte des Rechtsfalls sowie die breiteren sozialen, politischen und historischen Aspekte des Falles zu untersuchen. Wir haben uns mit den gesetzlichen Vertretern der Familie Jallohs, Aktivisten und Aktivisten, wissenschaftlichen Experten und Regierungsvertretern getroffen.

Bitte schauen Sie regelmäßig nach Updates.

Stellungnahme der Internationalen Unabhängigen Kommission zum Tod von Oury Jalloh - zum Feuerexperiment vom Oktober 2021
Berlin, 3. November 2021 |
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Die Kommission bedankt sich bei den Familienangehörigen von Oury Jalloh, der Initiative zum Gedenken an Oury Jalloh, Filmemachern, Brandexperten und Technikern dafür, dass sie uns eine sehr aufschlussreiche Perspektive auf die Ereignisse vom 7. Januar 2005 im Dessauer Polizeirevier vermittelt haben.  Die Videoinstallation, die wir gesehen haben, hat uns in einer Weise zu Zeugen der Ereignisse gemacht, wie es bisher nicht möglich war. Die heutige Konferenz ist ein Beleg für die unermüdlichen und langjährigen Bemühungen der Hinterbliebenen, Freunde und Unterstützer aus ganz Deutschland, die bis heute nicht davon überzeugt sind, dass Herr Jalloh sich auf die Art und Weise verbrannt haben könnte, wie es während des Gerichtsverfahrens behauptet wurde. 

Dieser neue Brandversuch hat die physikalischen Dimensionen und Eigenschaften der Zelle Nr. 5 mit hoher Genauigkeit reproduziert.  Die Auswertung des Experiments durch den Brandexperten Ian Peck deutet darauf hin, dass die Bilder der Brandschäden aus dem Jahr 2005, einschließlich der Schäden an Herrn Jallohs Körper, der Matratze und den Wänden von Zelle Nr. 5, stark mit den Bildern übereinstimmen, die in diesem neuen, im letzten Monat abgeschlossenen Brandexperiment erzeugt wurden.  Herr Peck analysierte die Rauchflecken an den Wänden und prüfte sorgfältig die Materialien, die verwendet wurden, um den physischen Raum, die Matratze und Herrn Jallohs Körper nachzustellen.  Ein entscheidender Punkt ist, dass der Brandschaden in dem Experiment durch das Übergießen des Körpers und der Matratze mit 2,5 Litern Benzin verursacht wurde. Nach Ansicht von Herrn Peck ist es "höchstwahrscheinlich, dass am 7. Januar 2005 eine Menge einer flüchtigen entzündbaren Flüssigkeit wie Benzin über Herrn Jalloh gegossen und absichtlich entzündet wurde".  Dies ist erschreckend und sollte Anlass zu tiefer Besorgnis, intensivem Nachdenken und möglicherweise neuen rechtlichen Schritten und eine strenge Untersuchung sein.

Die Kommission betrachtet die Forderung der Familie von Oury Jalloh, die Ermittlungen zum Tod von Herrn Jalloh wieder aufzunehmen, als entscheidend für den Schutz der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland.  Diese Beweise sollten die Regierung dazu ermutigen, alle nicht veröffentlichten Dokumente oder Beweise in diesem Fall freizugeben und allen Hinweisen nachzugehen, um die tatsächliche Todesursache zu ermitteln.

Unserer Ansicht nach haben dieses Experiment und die letzten unabhängigen Berichte, die wir geprüft haben, nicht nur gezeigt, dass Oury Jalloh durch äußere Gewalt schwer verletzt wurde, sondern auch, dass das Feuer durch äußere Quellen und mit einer volatilen entzündbaren Flüssigkeit erzeugt wurde.  Die Kommission wird das auf der heutigen Pressekonferenz vorgestellte Material in den kommenden Wochen und Monaten im Rahmen unserer Gesamtbeurteilung des Todesfalls Jalloh prüfen. 

Stellungnahme der Internationale Unabhängige Kommission zur Aufklärung der Wahrheit über den Tod des Oury Jallohs - zum neuen radiologischen Gutachten | Berlin, 28. Oktober 2019

Der radiologische Bericht, der vom Universitätsklinikum der Goethe-Universität Frankfurt erstellt wurde, analysiert medizinische Berichte und CT-Bilder aus dem Jahr 2005 und liefert wichtige wissenschaftliche Beobachtungen im Falle von Oury Jalloh. Der Bericht von Prof. Dr. Bodelle aus dem Universitätsklinikum der Goethe-Universität, der den Mitgliedern der Internationalen Unabhängigen Kommission zur Aufklärung der Wahrheit über den Tod des Oury Jallohs vorliegt, zeigt, dass Jalloh seine Knochenbrüche noch zu Lebzeiten erlitten hat. Dies wirft drei Arten von Fragen auf - wissenschaftliche Fragen, Sachfragen im Zusammenhang mit dem zeitlichen Ablauf der Ereignisse, die zum Tod von Jalloh führten, und Fragen zur Untersuchung des Falles.

Erstens wirft der Bericht wissenschaftliche Fragen auf. Frühere Berichte erwähnen lediglich eine Fraktur des Nasenbeins von Jalloh. Der neue wissenschaftliche Bericht zeigt, dass Jalloh auch unter einer Fraktur der Nasenscheidewand mit „Fortsetzung der Fraktur in die Hinterwand der Stirnhöhle linksseitig“ im Sinne eines Bruchsystems mit fraglicher Beteiligung der rechten Keilbeinhöhle bis zur vorderen Schädelbasis gelitten hat. Zudem legt die Weichteilschwellung links neben der Nasenwurzel nahe, dass die tiefreichende Verletzung nicht großflächig wie bei einem angeblichen Tischaufprall, sondern punktuell erfolgt sein muss. Ferner fanden sich an der rechten 11. Rippe eine 3cm lange Fraktur, und an der linken 6. Rippe Zeichen einer fissuralen Fraktur. Auch hier wurde festgestellt, dass das Weichgewebe um die schweren Knochenverletzungen, die Jalloh erlitten hat, geschwollen war, was darauf hindeutet, dass die Frakturen von Jallohs Nase, Septum und Rippe bereits zu Lebzeiten stattfanden sowie dass diese Frakturen durch äußere Einwirkung verursacht wurden. Dies widerspricht der Annahme, dass die Knochenbrüche darauf zurückzuführen sind, dass Jallohs Körper nach seinem Tod beim Transport beschädigt wurde. 

Zweitens werfen die Ergebnisse des Berichts Fragen über die Ereignisse auf, die zum Tod von Jalloh führten. Der Bericht stellt fest, dass die Verletzungen, die Jalloh erlitten hat, wenn er sie zu Lebzeiten erlitten hat, impliziert hätten, dass er wahrscheinlich aus der Nase und/oder den oberen Atemwegen blutete, erhebliche Schmerzen hatte und möglicherweise Schwierigkeiten beim Atmen hatte sowie möglicherweise unter Beeinträchtigung der motorischen Leistungsfähigkeit litt und möglicherweise bewusstlos war.  Aus diesen Überlegungen geht hervor, dass mindestens eine oder mehrere dieser Verletzungen die Notwendigkeit signalisiert haben sollten, medizinische Hilfe für Jalloh zu holen.  Stattdessen wurde er, obwohl er erhebliche Schmerzen gehabt haben muss, an seinen Fußknöcheln und Handgelenken an einer Matratze gefesselt und auf den Rücken gelegt, was eine anfällige Position fürs Ersticken am eigenen Blut sein kann. 

Schließlich sind die Ergebnisse des Gutachtens in Bezug auf die vorherige medizinische Analyse von entscheidender Bedeutung. Das aktuelle Gutachten wurde auf Grundlage computer-tomographischer und Fotodokumentation aus dem Jahre 2005 erstellt. Dies bedeutet, dass die Schlussfolgerungen des Gutachtens seit 2005 verfügbar waren. Nachdem bekannt wurde, dass Jalloh eine Nasenfraktur erlitten hat, wurde nicht untersucht, ob er diese Verletzungen zu Lebzeiten erlitten hat, ob er sie sich selbst zugefügt hat oder ob sie durch äußere Einwirkung zugefügt wurden. Diese Fragen sind für juristische Ermittlungen wichtig, scheinen aber minimiert oder vollkommen ignoriert worden zu sein. 

 Dieses Gutachten ist derzeit die einzige umfassende wissenschaftliche Analyse der Knochenbrüche von Jalloh, und es kommt zu dem Schluss, dass ihn jemand vor seinem Tod verletzt hat, dass die Verletzungen durch äußere Gewalt verursacht wurden und dass der körperliche Zustand von Jalloh die Notwendigkeit medizinischer Versorgung hätte signalisieren müssen, anstatt ihn an Händen und Füßen zu fixieren. Unabhängige medizinische Berichte, die der Kommission von unabhängigen Forensik-Expert_innen aus dem Vereinigten Königreich vorgelegt wurden, sowie das Gutachten der Würzburger Kommission von der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau vom Februar 2017 haben bereits gezeigt, dass Jalloh nicht mehr geatmet hat als der Brand ausgebrochen ist. Drauf lassen das niedrige Stresshormonlevel im Urin sowie der Mangel an Karbondioxid in seinem Herzblut schließen. Die drei Gutachten verweisen also auf grundlegende Fragen. 

Wenn kein anderer Beweis in diesem Fall als überzeugender Grund anerkannt wird, die Umstände des Todes von Jalloh zu ermitteln, sollten es diese wissenschaftlichen Beweise tun. 

 Aus diesem Grund beobachten wir auch die jüngste Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg, das den Antrag auf Klageerzwingung abgelehnt hat, mit großer Sorge. Das medizinische Gutachten von Prof. Dr. Bodelle wurde bei der Entscheidung nicht berücksichtigt, da es heißt er habe die Daten nicht selbst erhoben, sondern bereits vorhandene Daten interpretiert. Dies ist jedoch für die Gültigkeit des wissenschaftlichen Berichts von Prof. Dr. Bodelle, einem radiologischen Fachexperten, unerheblich. Darüber hinaus ist die Argumentation des Oberlandesgerichts Naumburg unplausibel und stark zu bezweifeln. 

 Erstens stützt sich die Ablehnung nur auf die Hitzeschock-Theorie, die auf medizinische Aussagen in den Verfahren beruht, um den Rußmangel in der Lunge Jallohs und den niedrigen Stresshormonspiegel zu erklären. Diese besagt, dass Jalloh ein Feuer entzündet habe, das sehr schnell brannte bis es den Bereich seiner Nase erreichte, und er dann durch sehr schnelle Bewegungen Luftstöße erzeugt habe, die die Flammen ernährten, die er schnell eingeatmet haben muss und dabei sofort starb. Selbst wenn dies plausibel wäre, hätten seine schnellen Bewegungen, gepaart mit Angst oder Schmerz, seinen Stresshormonspiegel erhöht. Da die Hitzeschock-Theorie inkonsistent und unplausibel ist, sollte untersucht werden, ob Jalloh bei Bewusstlosigkeit verbrannt wurde oder schon tot war. Gerade vor dem Hintergrund der CT- und Fotodokumentation des Leichnams bleiben damit grundlegende Fragen offen, die im Rahmen einer Wiederaufnahme der Ermittlungen aufgeklärt werden müssen. 

 Zweitens behauptet das OLG Naumburg, dass ein zweites Feuerzeug in der Zelle hätte sein und nach der Verbrennung verloren gegangen sein könnte. Diese unplausible Annahme hat mehrere Auswirkungen. Es gibt absolut keine physischen oder bezeugten Beweise die für ein zweites Feuerzeug sprechen. Diese Behauptung schafft unnötige Verwirrung und basiert nicht auf den in dem Fall festgestellten Fakten. Wenn das OLG Naumburg hingegen Grund zu der Annahme hat, dass ein so wichtiger Bestandteil der Beweise verloren gegangen sein sollte, stellt dies generell die Integrität der forensischen Untersuchung, einschließlich der Beweisaufnahme, ernsthaft in Frage. Wenn diese Annahme also Gewicht haben soll, dann geht sie sogar über die bloße Beweisaufnahme hinaus, sie verweist auf den Kern des Falles: Wenn ein zweites Feuerzeug unbemerkt entfernt werden konnte, dann konnte logischerweise das erste Feuerzeug hinzugefügt werden, ohne das es bemerkt wird. 

 Angesichts der Schlussfolgerungen des jüngsten radiologischen Gutachtens und der unplausiblen Begründung des Oberlandesgerichts Naumburg bleiben für die Internationale Unabhängige Kommission zur Aufklärung der Wahrheit über den Tod von Oury Jalloh noch mehr Fragen offen, die eine gründlichere Untersuchung erfordern, als bisher angenommen und von deutschen Gerichten ermittelt wurde.

Pressekonferenz | Berlin, 23. Oktober 2018

Bereits am Wochenende vom 26. -28. Januar 2018 hat Dieses Video wurde von der Initiative zum Gedenken an Oury Jalloh produziert, um die Gründungssitzung der Kommission zu dokumentieren. Die Initiative trug dazu bei, die Experten und Berater zusammenzubringen, die im Januar 2018 der Kommission angehören werden.

Komplette Pressekonferenz vom 23.10.18 im Haus der Demokratie und Menschenrechte in Berlin.

Gründungskonferenz | Berlin, 27. - 28. Januar 2018

Lesen Sie die Gründungserklärung der Kommission hier.